8D Reports
- 07. November 2017 - Blog
Der vor allem in der Automobilindustrie verbreiteten 8D-Report bei der Bearbeitung von Reklamationen ist ein nützliches, aber ein rechtlich gefährliches Dokument. Er wird vom Lieferanten ausgestellt.
Das Problem fängt damit an, dass der 8D-Report „faktenorientiert“ ist. Daraus folgt aus der Prozesserfahrung, dass die Gerichte die im 8D-Report dargestellten Fakten auch als Tatsachen verstehen und daraus rechtlich die Anerkennung der technischen Verantwortlichkeit schließen. Die Tatsachenfeststellungen werden von Gerichten in der Regel als Anerkenntnisse verstanden, von denen man im Prozess kaum noch wegkommt. Das Argument dagegen, es sei nicht Sinn des 8D-Reports, Rechtserklärungen abzugeben, zieht bei Gericht nicht, schon deshalb nicht, weil es sich um ein vertragliches Dokument zur Feststellung von Ursachen und Maßnahmen handelt, an die sich auf technische und rechtliche Folgen orientieren.
In der Regel wird der 8D-Report unter Zeitdruck und unter dem Druck des Kunden hergestellt. Beides sind stets Kriterien gegen die notwendige Sorgfalt. Nach meiner Erfahrung ist es eher selten, dass ein 8D-Report tatsächlich die Erkenntnis bringt, die ihm unterstellt wird. Dazu in aller Kürze und ohne Berücksichtung von möglichen Ausnahmefällen:
1.
Der 8D-Report unterstellt oder suggeriert, dass die reklamierte Fehlerursache einseitig nur und allein im Bereich des Zulieferers liegt und liegen kann, der den 8D-Report erstellen muss. Diese Unterstellung ist in den meisten Fällen nicht oder überwiegend nicht richtig. Meist ist das reklamierte Produkt im Feld ausgefallen. Es gibt aber keinen Leitsatz, der da sagte: Ein Produkt, das im Feld ausgefallen ist, war schon mangelhaft, als es ausgeliefert wurde. Ohne Kenntnis der Einflussbedingungen aus der Weiterverarbeitung in der Wertschöpfungskette und ohne Kenntnis der Ausfallbedingungen im Betrieb und in Ausfallumgebungen im Feld lässt sowie den Bedingungen des Ausbaus des angebliche mangelhaften Teils sich in der Regel die eigentliche Mangelursache nicht feststellen, jedenfalls sich nicht allein auf den Herstellungsprozess des Lieferanten reduzieren. Die im Einzelfall festgestellte Mangelhaftigkeit eines Zulieferteils muss nicht unbedingt den Schluss auf einen Serienfehler zulassen.
Die Analysemöglichkeiten des Lieferanten sind ohne diese Informationen beschränkt. Die Mitwirkung der Kunden, etwa nach der BMW-Norm GS 95004, lässt, aus Gründen, die hier dahingestellt sein sollen, meist zu wünschen übrig. Ein Grund liegt sicher darin, dass, jedenfalls in der Automobilindustrie, die sogenannten „Schadteile“ in der Handelsorganisation des jeweiligen Herstellers festgestellt und dem Zulieferer unter den Bedingungen von Referenzmarktverfahren, selektiert oder unselektiert, nur in begrenztem Umfang zur Verfügung gestellt werden.
2.
Ohne eine umfassende Information und Analyse der Ausfallbedingungen eines Zulieferprodukts können, außer in den seltenen völlig eindeutigen Fällen, weder vorläufige Abstellmaßnahmen („Containment actions“) noch endgültige Abstell- oder Verbesserungsmaßnahme („Corrective actions“) durchgeführt werden, schon gar nicht unter dem immer geforderten Zeitdruck.
3.
8D-Reports, weil nicht als rechtsrelevante Dokumente erkannt, werden meist von Technikern ohne rechtliches Sprachgefühl erstellt. Daraus folgen, dies ist ebenfalls eine Erfahrung der Praxis, oft verhängnisvolle Formulierungen, die später nicht mehr korrigiert werden können. Hinzu kommt, dass 8D-Reports oft von Mitarbeitern ausgestellt werden, die je nach Position und Aufgabe ursprünglich selber für das reklamierte Problem mit verantwortlich waren und deshalb ein psychologisch nachvollziehbares Interesse in der tatsächlichen Ursachenbeschreibung haben können. Dass gerade der 8D-Report unter den Gesichtspunkten des „prozessorientierten Ansatzes“ und der Wechselwirkung der zur betrachtenden Prozesse zu erstellen ist, bleibt häufig außer Ansatz. Noch kritischer wird es beider Abfassung von 8D-Reporten in einer Fremdsprache.
4.
Aus der Praxiserfahrung hat sich die Verwendung eines Disclaimers als empfehlenswert erwiesen und in vielen Bereich auch durchgesetzt, etwa mit folgender Formulierung:
„Dieser 8D-Report ist eine vorläufige, auf unserem derzeitigen Informations- und Erkenntnisstand beruhende ausschließlich technische Stellungnahme unter dem Vorbehalt der weiteren Nachprüfung und vollständiger Information durch den Kunden zu Ursachen und Abstellmaßnahmen. Er trifft unbeschadet der Verwendung formularmäßiger Begriffe keine Aussagen zu vertraglichen oder gesetzlichen Haftungs- oder Ersatzansprüchen. Er enthält oder begründet weder direkt noch indirekt ein Anerkenntnis für ein Verschulden, Verpflichtungen, Haftung oder für gleich sonst welche Ansprüche gegen uns. “
Der 8D-Report fällt unter die Anforderungen der Kommunikation mit dem Kunden nach der ISO 9001:20015 und IATF 16949:2016. Kommunikation bedingt den uneingeschränkten Austausch von Informationen zwischen dem Zulieferer und dem Kunden. Nur unter den Bedingungen dieser Kommunikation kann der 8D-Report ein nützliches Instrument für beide und ihr Ziel sein, Mangelursache wirklich zu erkennen und nachhaltig abzustellen.
07. November 2017
Ein sehr interessanter Beitrag!